Die „Muslimbruderschaft“ (MB), gegründet 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten, ist zumindest in ideologischer Hinsicht die Mutterorganisation vieler islamistischer Organisationen in etwa 70 Staaten. Bis heute lautet das Motto der MB: „Gott ist unser Ziel, der Prophet ist unser Führer. Der Koran ist unsere Verfassung. Der Jihad ist unser Weg. Der Tod für Gott ist unser Wunsch.“
Durch Missionierung und soziale Maßnahmen will die MB eine islamistische Staats- und Gesellschaftsordnung auf Grundlage der Scharia errichten. Eine Trennung von Staat und Religion lehnt sie ab. Dies beinhaltet zumindest eine Infragestellung der Volkssouveränität und die Relativierung der im Grundgesetz verbrieften Menschenrechte. Damit ist die MB-Ideologie im Kern verfassungsfeindlich.
Grundsätzlich verfolgt die MB ihr Ziel auf legalistischem Weg, d. h. im Rahmen der vor Ort geltenden Gesetze. Sie versucht, Staat und Gesellschaft zu unterwandern, um aus Schlüsselpositionen heraus ihre islamistische Agenda voranzutreiben. Diesem Zweck dienen auch soziale Projekte oder Bildungsangebote. Zur Gewaltanwendung pflegt sie aber eine ambivalente Einstellung: Einerseits hat sie in ihrem Ursprungsland seit langem der Gewalt abgeschworen, andererseits legitimiert sie den gewaltsamen „Widerstand“ gegen „Besatzer“, womit in erster Linie das Verhältnis von Israel und Palästinensern gemeint ist. Ebenso berufen sich MB-Anhänger bis heute auf den Vordenker Sayyid Qutb, der als ideologischer Vater des Jihadismus gilt. Er sah Gewalt als zulässiges Mittel zur Schaffung einer islamistischen Gesellschaft an.
Im Lauf ihrer Geschichte wurde die MB in Ägypten mehrfach verboten, zuletzt stufte die Regierung sie 2013 als Terrororganisation ein. Aufgrund der Verfolgung entwickelte sie eine Strategie der organisatorischen Verästelung: Zahlreiche kleine Zellen vermittelten nach außen den Eindruck von Unabhängigkeit. Ihr Wirken erfolgte jedoch verdeckt koordiniert; nach innen bestand weitgehend ideologische Einigkeit. Mit dieser Struktur leistete die MB jahrzehntelang Bildungs- und Sozialarbeit und erlangte große Beliebtheit in benachteiligten Bevölkerungsschichten. Bis heute ist sie ähnlich kleinteilig organisiert.
In späteren Jahren gewann die MB auch zunehmend politischen Einfluss. Während des Arabischen Frühlings gründete sie eine eigene Partei, die ab 2012 den Staatspräsidenten stellte; er verlor sein Amt im Folgejahr durch einen Militärputsch. Seit dem MB-Verbot von 2013 hat ihre Popularität stark nachgelassen und fast alle ihrer Führungspersönlichkeiten befinden sich in Haft.
Weitere Informationen finden Sie im Verfassungsschutzbericht.