In Deutschland gibt es keinen zentralisierten Verfassungsschutz. Der Bund unterhält das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)
mit Sitz in Köln, die 16 Bundesländer verfügen jeweils über eigene Verfassungsschutzbehörden. Damit folgt auch der
Verfassungsschutz der föderalen Struktur der Bundesrepublik Deutschland. In einigen Ländern ist diese Behörde als Abteilung
in das Innenministerium bzw. in die Innenbehörde integriert, in anderen, etwa in Baden-Württemberg, existieren eigenständige
Landesämter für Verfassungsschutz als obere Landesbehörden.
Das BfV ist gegenüber den Verfassungsschutzbehörden der Länder nicht weisungsbefugt. Die Zusammenarbeit von Bund und
Ländern im Bereich des Verfassungsschutzes ist im Grundgesetz geregelt.
Deutschland hat aus den bitteren Erfahrungen seiner Geschichte gelernt. Die Weimarer Verfassung, die selbst gegenüber ihren Gegnern
besonders tolerant sein wollte, ermöglichte letztlich die Machtübernahme der Nationalsozialisten. Nach dem Ende der Nazi-Diktatur
sollte den Feinden der Freiheit nie wieder eine Chance gegeben werden, sie abzuschaffen. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes
entschieden sich damals für eine wehrhafte Demokratie. Darin soll der Verfassungsschutz als Schutzeinrichtung letztlich
Menschenrechte, Freiheit und Demokratie sichern.
Sammlung von Informationen über extremistische Bestrebungen
Das Landesamt für Verfassungsschutz sammelt Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen. Unter
„Bestrebungen“ sind Verhaltensweisen von Personen oder Organisationen zu verstehen, deren Ziel es ist, die obersten Werte und
Prinzipien des Grundgesetzes außer Kraft zu setzen. Voraussetzung für die Beobachtung ist, dass tatsächliche Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass diese Bestrebungen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder auch die Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden.
Der Verfassungsschutz ist aber auch gefordert, wenn beispielsweise islamistische, links- und rechtsextremistische
Ausländerorganisationen ihr Heimatland von deutschem Boden aus mit Gewalt bekämpfen – und dadurch Deutschland in
außenpolitische Konflikte und Zwangssituationen bringen könnten. Ein weiteres Arbeitsgebiet ist die Spionageabwehr. Dieser
Bereich hat die Aufgabe, sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht – z. B.
ausländische Geheimdienste – aufzuspüren und zu analysieren.
Geheimschutz
Darüber hinaus nimmt das Landesamt für Verfassungsschutz umfangreiche Aufgaben im Bereich des personellen und materiellen Geheimschutzes wahr. So wirkt es z. B. bei der sicherheitsmäßigen Überprüfung von Einbürgerungsbewerbern mit. Es überprüft auch Geheimnisträger und andere Personen, die in sicherheitsempfindlichen Bereichen tätig werden wollen, etwa an Flughäfen. Außerdem unterstützt das Amt beratend andere Behörden sowie Unternehmen der freien Wirtschaft bei der Einrichtung technischer Vorkehrungen, die dem Schutz geheimhaltungsbedürftiger Informationen dienen.
Nachrichtendienste in Deutschland
Neben den 17 Verfassungsschutzbehörden gibt es noch zwei weitere deutsche Nachrichtendienste: Das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) ist Teil der Streitkräfte und allein für die Sicherheit der Bundeswehr bzw. den Geschäftsbereich des Bundesverteidigungsministeriums zuständig. Die Aufklärungstätigkeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist auf das Ausland beschränkt. Im Gegensatz zum BND handelt es sich bei den Behörden für Verfassungsschutz um reine Inlandsnachrichtendienste.
Trennungsgebot
Zu dem umfassenden Schutzsystem der wehrhaften Demokratie gehört allerdings nicht allein der Verfassungsschutz: Polizei und
Staatsanwaltschaften verfolgen konkrete Straftaten, die sich gegen die Verfassung richten.
Verfassungsschutz und Polizei sind in der Bundesrepublik Deutschland streng voneinander getrennt. Anders als etwa die „Geheime
Staatspolizei“ („Gestapo“) zur Zeit des Nationalsozialismus oder das Ministerium für Staatssicherheit (MfS,
„Stasi“) der ehemaligen DDR hat der Verfassungsschutz keine polizeilichen Befugnisse. Seine Tätigkeit ist auf die
Beobachtung beschränkt; die Mitarbeiter dürfen Personen weder kontrollieren noch festnehmen und zum Beispiel auch keine
Wohnungsdurchsuchungen vornehmen. Unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen darf der Verfassungsschutz jedoch seine Erkenntnisse mit
den Abteilungen für „Staatsschutz“ der Polizei austauschen.