Der schiitische Islamismus zielt auf eine theokratische Herrschaftsform, in der die Religion über allem steht. Anders als in sunnitischen Strömungen wie der „Muslimbruderschaft“ oder dem Salafismus haben daher Theologen eine starke Stellung in schiitischen Organisationen. Letztere sind vor allem im Irak und im Libanon verbreitet und nehmen für sich in Anspruch, die Interessen der schiitischen Bevölkerungsteile zu vertreten.
Die bedeutendste schiitisch-islamistische Organisation im Libanon ist die „Hizb Allah“ („Partei Gottes“). Ursprünglich eine paramilitärische Organisation, ist sie heute auch in als politische Partei in der libanesischen Nationalversammlung vertreten. Sie unterhält enge Verbindungen nach Iran und wird vom dortigen Regime finanziell unterstützt; dadurch ist es ihr möglich, soziale und karitative Einrichtungen zu betreiben. Der paramilitärische „Hizb-Allah“-Flügel namens „External Security Organisation“ verübt Anschläge außerhalb des Libanons. Er wird von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuft.
Wichtiger Bestandteil der „Hizb-Allah“-Ideologie ist Israelhass. Ihr Propagandaapparat, zu dem unter anderem ein Fernsehsender und zahlreiche Internetseiten gehören, dient als Plattform für Helden- und Märtyrerverehrung und für Drohungen gegen Israel.
In Deutschland sind die „Hizb Allah“ und ihre Teilorganisationen seit 2020 verboten. Die Bundesrepublik dient als Rückzugsraum für ihre Anhänger, die hier eine überregionale Struktur aufgebaut haben. Bundesweit werden der „Hizb Allah“ rund 1.250 Personen zugerechnet, in Baden-Württemberg etwa 100. Sie halten über die Medienkanäle der Organisation die Verbindung ins Heimatland. Öffentlich trat die „Hizb Allah“ in den vergangenen Jahren hauptsächlich mit Demonstrationen zum „al-Quds-Tag“ („Jerusalem-Tag“, letzter Freitag des Fastenmonats Ramadan) in Erscheinung, bei denen antiisraelische und Anti-US-Parolen verbreitet wurden.
Weitere Berührungspunkte mit dem schiitischen Islamismus ergaben sich in Baden-Württemberg durch einzelne Asylsuchende. Die Betreffenden gaben in ihren Asylanträgen an, im syrischen Bürgerkrieg oder im Irak für schiitische Milizen gekämpft zu haben. Diese Milizen werden von Iran gelenkt und unterstützt, um die Assad-Regierung im Kampf gegen sunnitische Zusammenschlüsse zu stärken.
Weitere Informationen finden Sie im Verfassungsschutzbericht.