Rechtsextremismus

IBD veröffentlicht „Gefährder-Map“


Eine neue Kampagne der „Identitären Bewegung Deutschland e. V.“ (IBD) dreht sich um ein Online-Meldeportal für mutmaßliche Terrorverdächtige. Ihre angeblichen Erkenntnisse visualisiert die IBD in einer „Gefährder-Map“. In Baden-Württemberg fanden Aktionen statt, die sich auch fernab des Internets thematisch auf die Kampagne bezogen. Damit schürt die IBD gezielt die Angst vor islamistischen Anschlägen in der Bevölkerung; sie will das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden untergraben und macht ihre fundamentale Ablehnung gegenüber Einwanderung deutlich.

Derzeit bewirbt die IBD ihre aktuelle Kampagne für die Abschiebung straffälliger Islamisten in Deutschland. Dazu veröffentlichte sie auf der eigens eingerichteten Homepage www.schiebt-sie-ab.de, die sich als „Meldeportal für Terrorverdächtige“ versteht, eine „Gefährder-Map“. Diese ist nach eigenen Angaben entstanden durch monatelanges Auswerten von Informationen aus sozialen Netzwerken, Zeitungsartikeln, Fernsehberichten und Einzelinformationen anonyomer Quellen. Beteiligt waren Aktivisten und Unterstützer der IBD. Die Organisation beruft sich u. a. auf Informationen, die sie von Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes erhalten haben will. Die Richtigkeit der erfassten Informationen lässt sich nicht abschließend bewerten. Einige Beiträge sind aber zumindest offen recherchierbar.

Mit der Gestaltung, und der Verwendung von Worten wie „Vorsicht! Islamistische Gefährder“ auf der Startseite und einem Bild von vier vermummten, bewaffneten Männern in Kampfpose schafft der Seitenbetreiber ein Bedrohungsszenario. Scrollt man auf der Seite weiter nach unten, wird diese Gefahr konkretisiert, indem einzelne Personen mit Foto und Namen aufgeführt werden. Diese Personalisierung macht die suggerierte Bedrohung noch greifbarer. Die Seite bietet dem Nutzer neben der Möglichkeit, sich über den Aufenthaltsort angeblicher islamistischer Straftäter zu informieren, auch die Option, selbst Informationen zur „Gefährder-Map“ beizutragen und damit Einzelpersonen zu denunzieren. Die Formulierung „Gefährder haben Namen und Adressen“ auf der Homepage erinnert an Outing-Aktionen der linksextremistischen Szene.

Auf der Seite www.schiebt-sie-ab.de werden die sofortige Abschiebung aller behördlich bekannten islamistischen Gefährder ohne deutsche Staatsbürgerschaft sowie die sofortige Grenzschließung verlangt. Darüber hinaus fordert die IBD das Bundesinnenministerium dazu auf, eine öffentliche Datenbank einzurichten, in der Namen und Adressen von Gefährdern für jedermann einsehbar sind. Zudem richtet sich ein Aufruf direkt an Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden: 

„Wir rufen insbesondere die Mitarbeiter von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Bundeswehr, Ämtern und Geheimdiensten auf: Tut es Euren Kollegen gleich, die sich bereits bei uns gemeldet haben!“. 

In Baden-Württemberg weist die Karte im Raum Karlsruhe, Pforzheim, Heilbronn, Ludwigsburg, Stuttgart, Reutlingen, Ulm und Freiburg auf diverse mutmaßliche Gefährder hin. In der Regel werden diese anonymisiert und lediglich lokal verortet. 

Im Zusammenhang mit der bundesweiten IBD-Kampagne gab es auch in Baden-Württemberg Banner- und Flugblattaktionen: Anfang November 2020 durch die Ortsgruppe Stuttgart und am 19. November 2020 durch die IB Konstanz. Letztere führte eine Plakataktion durch und wies auf die oben genannte Homepage hin. 

Mit der Kampagne schürt die IBD einmal mehr gezielt die Angst vor islamistischem Terror in der Bevölkerung. Die Aufmachung der Homepage lässt nicht auf einen IBD-Bezug schließen. Auf typische Schlagworte, das Lambda-Symbol und die ansonsten stets gelb-schwarze Farbgebung wurde wahrscheinlich bewusst verzichtet. Lediglich über das Impressum der Website gelangt man auf die offizielle Homepage der IBD und das dortige Impressum. Eine Zuordnung zur IBD ist für den Seitenbesucher daher nicht auf den ersten Blick möglich. 

Ein weiteres Ziel der Kampagne dürfte es sein, das Vertrauen in die deutschen Sicherheitsbehörden zu untergraben. Der Exekutive wird unterstellt, die Bürger nicht effektiv vor islamistischem Terrorismus schützen zu wollen. Es wird suggeriert, die Bürger müssten hier selbst tätig werden, wozu die IBD eine Plattform bereitstellt. Dazu passt die Aufforderung an Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden, sicherheitsrelevante Informationen an die IBD weiterzugeben. Ihre plakative Botschaft „Gefährder – sofortige Abschiebung blendet Anforderungen rechtsstaatlicher Verfahren und Persönlichkeitsrechte des Einzelnen vollständig aus. 

Zwar ist die IBD schon seit ihren Anfängen islamfeindlich ausgerichtet, zuletzt erstreckten sich ihre Kampagnen allerdings auch auf viele andere Themengebiete. Dass die Befassung mit dem Thema Islamismus – als anschlussfähige Version ihrer grundsätzlichen Islamfeindschaft – nun wieder stärker in den Vordergrund rückt, ist auch auf die Anschläge vom Herbst 2020 in Dresden, Paris, Nizza und Wien zurückzuführen. Mit der Kampagne bleibt die IBD ihrer fundamentalen Ablehnung der Einwanderung, insbesondere von Muslimen, nach Deutschland und Europa treu. Ebenso bedient sie das für Extremisten typische Narrativ, staatliche Aufgaben selbst in die Hand nehmen zu müssen. 

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