In mehreren Städten Baden-Württembergs bemüht sich die linksextremistische Szene seit Jahresbeginn, die derzeitigen zivilgesellschaftlich geprägten Demonstrationen "gegen rechts" zu beeinflussen und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Speziell in Stuttgart sind konkrete Einflussnahmeversuche erkennbar.
Das gewaltorientierte linksextremistische „Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region“ (AABS) trat hier im Zusammenhang mit der Kampagne „Die rechte Welle brechen“ in Erscheinung. Die Kampagne wird zwar vom Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ (SgR) [kein Beobachtungsobjekt des Landesamts für Verfassungsschutz] getragen. Das AABS beschreibt sich selbst auf Instagram jedoch als „initiierenden Teil der Kampagne“.
Großdemonstration mit 10.000 Teilnehmenden
Fakt ist, dass das AABS bereits im Dezember 2023 eine Kampagne mit identischem Logo und ebenfalls unter dem Motto „Die Rechte Welle brechen“ über seinen Instagram-Account platziert hatte – also deutlich vor Beginn des aktuell breit getragenen Protestgeschehens „gegen rechts“. Seit Januar fanden im Rahmen der Kampagne mehrere Veranstaltungen statt, bei denen das AABS immer wieder als Akteur sichtbar wurde. So trat die Gruppe beispielsweise bei einer Großdemonstration am 20. Januar 2024 in Stuttgart mit einem Redebeitrag auf. An dieser Kundgebung hatten sich mehr als 10.000 Menschen beteiligt.
Zu einer Kampagnendemonstration am 24. Februar 2024 in Stuttgart veröffentlichte das AABS ein Instagram-Posting, in dem die Gruppierung behauptete, für den Demonstrationszug eine „antifaschistische & klassenkämpferische Demospitze“ organisiert zu haben – so etwa durch mehrere große Fahnen der „Antifaschistischen Aktion“. Durch diese gelang es dem AABS offensichtlich, das öffentliche Bild des Demonstrationszuges mit zu prägen.
Für die Veranstaltung, bei der etwa 9.000 Personen anwesend waren, hatte es im Vorfeld mehrere Mobilisierungsaktionen in Stuttgart gegeben, zum Beispiel mittels großflächiger Plakate, Flugblätter und aufgesprühter Schriftzüge. An diesen Aktionen hatte sich das AABS ebenfalls beteiligt. Die Mobilisierungsbemühungen zeigten dabei nicht nur in Stuttgart Wirkung: Tatsächlich kam es zu einer breiten Beteiligung zahlreicher Gruppen aus dem gesamten gewaltorientierten linksextremistischen Spektrum aus ganz Baden-Württemberg.
Rekrutierungsbemühungen des AABS
Auch abseits des konkreten Demonstrationsgeschehens fiel das AABS zuletzt mit einem vergleichsweise offensiven Bewerben der eigenen Treffen auf: So wurde beispielsweise das monatlich stattfindende „Offene Treffen“ des AABS für Februar erstmals samt ausführlichen Informationen zur Anreise sehr detailliert wiederum über Instagram angekündigt. Der organisatorische Ablauf des Treffens wurde durch eine verlängerte „Ankommphase“ sogar extra auf potentielle Interessenten zugeschnitten.
Außerdem veröffentlichte das AABS einen Bericht, in dem es über eine auffällige Banner-Aktion am 28. Januar 2024 am Stuttgarter Killesbergturm berichtete. An der obersten Aussichtsplattform des Turms wurde dabei ein Banner mit der Aufschrift „Hinein in die Offenen Antifa-Treffen! …DIE RECHTE WELLE BRECHEN“ befestigt. Anhand dieser Aufschrift und der damit verbundenen Werbung für die eigenen Treffen wird die Verknüpfung von Mobilisierungsabsichten für Demonstrationen „gegen rechts“ mit Rekrutierungsbemühungen für die eigenen, linksextremistischen Aktivitäten des AABS deutlich.
Eine ähnliche Verknüpfung zeigte sich am Rande der Demonstration am 24. Februar in Stuttgart: Nach der Kundgebung fand im „Linken Zentrum Lilo Hermann“, einem einschlägigen Treffpunkt der linksextremistischen Szene im Großraum Stuttgart, ein allgemeines, offenes Treffen statt, um den Abend „ausklingen zu lassen“. Zu diesem war vorab über Instagram eingeladen worden.
Bewertung
Die derzeitige linkextremistische Beteiligung an den zivilgesellschaftlich geprägten Demonstrationen „gegen rechts“ hat mutmaßlich zum Ziel, das Themenfeld „Antifaschismus“ mit eigenen Inhalten zu besetzen. Die linksextremistische Auslegung des Begriffs „Antifaschismus“ weicht dabei von einer demokratischen Lesart ab, da nicht nur die Ablehnung des Rechtsextremismus zum Ausdruck gebracht werden soll, sondern sich linksextremistisch motiviertes, antifaschistisches Handeln auch gegen den demokratischen Verfassungsstaat richtet. Außerdem sollen die aktuellen Proteste dazu genutzt werden, neue Mitstreiter zu gewinnen. Mit koordinierten gewalttätigen Aktionen von Linksextremisten muss bei ähnlichen Demonstrationen „gegen rechts“ aber auch in Zukunft nicht gerechnet werden – würden solche Aktionen doch den Zielen der Szene, eine Anschlussfähigkeit gegenüber der Zivilgesellschaft herzustellen, entgegenstehen.