RECHTSEXTREMISMUS

„Die NPD ist wieder da!“ Zur Neugründung einer eigentlich alten Partei

Anfang Juni 2023 schien die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) knapp 60 Jahre nach ihrer Gründung endgültig Geschichte zu sein: Auf ihrem Bundesparteitag in Riesa/Sachsen stimmten nämlich 77 Prozent der Delegierten für die Umbenennung der Partei in „Die Heimat“. Dieser Namenswechsel wurde im Anschluss vollzogen. Doch inzwischen gibt es wieder eine NPD auf Bundesebene wie auch einen baden-württembergischen NPD-Landesverband.

Seit geraumer Zeit befand sich die NPD in einer Krise, die sich unter anderem in sinkenden Mitgliederzahlen und desaströsen Wahlergebnissen niederschlug. 2022 gehörten ihr bundesweit nur noch ca. 3.000 Personen an, so wenige wie noch nie in ihrer Geschichte. Angesichts dieser Krise versuchte die Partei seit 2019, einen internen Reformprozess voranzutreiben. Nachdem ein Satzungsantrag des Parteivorstands, der eine Umbenennung der NPD in „Die Heimat“ forcierte, beim Bundesparteitag 2022 nicht die nötige Zweidrittelmehrheit erhalten hatte, stimmten beim Bundesparteitag 2023 in Riesa 77 Prozent der Delegierten für die Umbenennung. Wie der Parteivorsitzende Frank FRANZ am Rande des Parteitags sagte, solle „Die Heimat“ künftig „eine Sammlungsbewegung für alle schaffen, die ihre Heimat behalten wollen“.

„Die Heimat“ und die NPD in Baden-Württemberg

Auch in Baden-Württemberg wurde der bisherige Landesverband der NPD daraufhin in „Die Heimat“ umbenannt. Einer der ehemaligen NPD-Kreisverbände trug den Namenswechsel jedoch nicht mit: Der Kreisverband Rhein-Neckar hielt am 29. Dezember 2023 seine Jahreshauptversammlung ab und wählte unter dem Namen „NPD Rhein-Neckar“ einen neuen Vorstand.

Anfang März 2024 wurde in Baden-Württemberg dann auf einem Landesparteitag ein neuer NPD-Landesverband gegründet. Erklärt wurde dies unter anderem mit den „bisher noch sehr schwammigen Versuchen“ von „Die Heimat“, politischen Aktivismus zu entfalten. „Weder das grafische Erscheinungsbild noch die bisher in der Öffentlichkeit getätigten Aussagen“ hätten überzeugen können, hieß es weiter in einem Kommentar.

Treibende Kraft hinter der Neugründung war offenbar Jan Jaeschke, der vor der Umbenennung der NPD in „Die Heimat“ als Vorsitzender des NPD-Landesverbands in Baden-Württemberg amtierte. Er wurde auch zum Vorsitzenden des neuen NPD-Landesverbands gewählt. 

Neben dem NPD-Kreisverband Rhein-Neckar gibt es in Baden-Württemberg inzwischen noch die Kreisverbände Baden, Bodensee und Breisgau. Laut Homepage der NPD steht zudem die Gründung eines Kreisverbandes Karlsruhe bevor.

Statement NPD
In einem Video mit dem Titel „Die NPD ist wieder da! – Kommentar zum Landesparteitag“ berichtete der Vorsitzende des neuen baden-württembergischen NPD-Landesverbands, Jan JAESCHKE, über die Neugründung der NPD in Baden-Württemberg.

„Die Heimat“ und die NPD außerhalb von Baden-Württemberg

In zwei weiteren Bundesländern ist die Distanz zu „Die Heimat“ ähnlich groß wie in Baden-Württemberg. Bereits 2023 beschlossen die NPD-Landesverbände Hamburg und Saarland nach der Umbenennung der Bundespartei eigene Wege zu gehen und weiterhin als „NPD Hamburg“ bzw. „NPD Saarland“ aufzutreten (Auf der Homepage von „Die Heimat“ wird das Saarland noch als Landesverband geführt. In der Satzung von „Die Heimat“ vom 17.08.2023 ist er hingegen nicht aufgeführt). 

Mit Stand 24. März 2024 wurde bei der Bundeswahlleiterin die „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD) eingetragen. Als Vorsitzender der Bundespartei amtiert Lennart Schwarzbach, der zugleich dem NPD-Landesverband Hamburg vorsteht. Mit Tim BELZ ist einer der beiden stellvertretenden Vorsitzenden des baden-württembergischen Landesverbands im Bundesvorstand der neuen NPD vertreten.

Fazit und Ausblick

In Baden-Württemberg hat sich im März 2024 ein Landesverband der NPD gebildet. Die Tatsache, dass es sich hierbei um eine Abspaltung vom Landesverband von „Die Heimat“ handelt, deutet darauf hin, dass der Unmut mit „Die Heimat“ groß gewesen muss. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Konkurrenzsituation beider Parteien sowohl im Land als auch auf Bundesebene entwickeln wird. 

Obwohl sich mit Hamburg und dem Saarland zwei Bundesländer komplett aus „Die Heimat“ heraushalten und in Baden-Württemberg sowohl ein NPD-Landesverband als auch ein Landesverband von „Die Heimat“ bestehen, verfügt „Die Heimat“ weiterhin über eine nahezu deutschlandweite Präsenz, auch wenn ihre Strukturen nicht überall gleich stark und aktiv sind. Damit unterscheidet sich „Die Heimat“ von den meisten anderen rechtsextremistischen Gruppierungen, wie etwa der Partei „Der III. Weg“, die nur regional agieren.

Trotz ihrer krisenhaften Entwicklung in den vergangenen Jahren und trotz der aktuellen Abspaltungen ist „Die Heimat“ weiterhin ein bedeutender Akteur im rechtsextremistischen Parteiengefüge in Deutschland und Baden-Württemberg. Diese Rolle möchte die Partei zukünftig ausbauen, da sie für sich mehr denn je beansprucht, eine Art Netzwerkrolle einzunehmen und als Dienstleister aufzutreten. Auf diese Weise möchte sie auch die parteiungebundene rechtsextremistische Szene um sich sammeln.

Die Krise der Partei könnte sich durch den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung verschärfen. Den Finanzierungsausschluss für die Dauer von sechs Jahren verkündete das Bundesverfassungsgericht am 23. Januar 2024 einstimmig.

Anders als „Die Heimat“ ist die „neue“ NPD von einer bundesweiten Präsenz noch weit entfernt. Es bleibt abzuwarten, ob sich zukünftig noch weitere Kreis- oder sogar Landesverbände von „Die Heimat“ ab- und der NPD zuwenden.

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