Das Musiklabel „Neuer Deutscher Standard“, kurz „NDS Records“, aus Sachsen hat im März dieses Jahres einen Song namens „Wendezeit“ veröffentlicht. Im dazugehörigen Musikvideo ist die rechtsextremistische Gruppe „Pforzheim Revolte“ aus Baden-Württemberg beinahe durchgängig präsent: In verschiedenen Einstellungen zünden die Rechtsextremisten zum Beispiel Pyrotechnik, stehen selbstbewusst im Hintergrund der rappenden Protagonisten oder präsentieren ein Banner mit ihrem Gruppennamen.
Inhaltlich richtet sich das Lied an den politischen Gegner. Im Refrain heißt es beispielsweise:
„Ihr lebt für Kohle/ wir steh’n für Deutschland/ ihr zieht euch Drogen/ wir ham‘ euer Zeug satt/ während ihr für Erfolg den Arsch verkauft/ kämpfen wir für das Volk und rasten aus“.
Diese Argumentation greift den in der rechtsextremistischen Szene weit verbreiteten Vorwurf der Dekadenz auf: Demnach ordnen sich Andersdenkende vor allem wirtschaftlichen Interessen unter und richten sich durch mangelnde Disziplin geistig und physisch zu Grunde.
Der Song soll auch Personen außerhalb der Szene ansprechen
An anderer Stelle legt die Textzeile „ihr zeigt die weiße Fahne, ich die weiße Haut“ nahe, dass sich Menschen mit weißer Hautfarbe angeblich grundsätzlich nicht ergeben würden. Dadurch soll wiederum die Stärke dieser Gruppe betont werden. Insgesamt greift das Musikstück allerdings auf keine eindeutigen Schlagworte der rechtsextremistischen Ideologie geschweige denn auf strafrechtlich relevante Inhalte zurück. Nicht zuletzt dadurch können Auftreten und Text auch anschlussfähig für Personen sein, die selbst noch nicht in der Szene verwurzelt sind.
„NDS Records“ und die dem Label angehörenden Interpreten verfügen auf ihren Social-Media-Kanälen über eine deutlich größere Reichweite als der baden-württembergische IB-Ableger. Der Auftritt der „Pforzheim Revolte“ im Musikvideo und entsprechende Verlinkungen auf Social-Media-Plattformen könnten daher als Versuch gewertet werden, der Gruppe selbst zu einer größeren Bekanntheit zu verhelfen.
Hintergrund zu den beteiligten Akteuren
In Teilen der rechtsextremistischen Szene gewinnen Hip-Hop und Rap zunehmend an Bedeutung. Die Strömung wird von den Akteuren selbst als „Heimat-Rap“ oder „patriotischer Rap“ bezeichnet. Bekannt ist hier das bereits genannte Label „NDS“ und hier vor allem die Protagonisten mit den Künstlernamen „Prototyp“ (kurz: „Proto“) und „Primus“.[1] Auch die Rapperin „Alva“, die im Video zu „Wendezeit“ gemeinsam mit „Prototyp“ auftritt, kann NDS Records“ zugerechnet werden.
Die Gruppe „Pforzheim Revolte“ trat ab Ende 2021 vor allem im Zusammenhang mit Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen in Erscheinung. Auf einer Übersichtskarte, die seitens der IB veröffentlicht wurde, war die sie als Untergliederung aufgeführt. Auf den Social-Media-Kanälen der Gruppe war in den vergangenen Monaten allerdings zu beobachten, dass „Pforzheim Revolte“ immer häufiger Inhalte teilt, die vom ideologischen Kurs der IB abweichen und die stattdessen einen Schulterschluss mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen nahelegt. So verbreitete die Gruppe bereits mehrfach Beiträge einer Kampagne namens „Gegengift“, die ihrerseits personelle Überschneidungen zur „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) sowie zu deren Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ hat. Auch die Partei „Der III. Weg“ nahm auf ihrer Homepage unlängst positiv Bezug auf „Pforzheim Revolte“.
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[1] Vgl. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
(2021): Verfassungsschutzbericht 2020,
Berlin, S. 68.