RECHTSEXTREMISMUS

Neue Studie des LfV: „Schnitzel für 14,88 Euro. Die Einnahmequellen von Rechtsextremisten in Deutschland“

Finanzielle Mittel sind für Extremisten jeglicher Couleur zentral. So überrascht es kaum, dass Rechtsextremisten in Deutschland die unterschiedlichsten Möglichkeiten nutzen, um Geld für ihre politischen Aktivitäten zu beschaffen. Eine beliebte Finanzierungsform sind Musikveranstaltungen, die seit dem Ende der Corona-Pandemie wieder vermehrt stattfinden. Auch die Gastronomie wird im Rechtsextremismus gern zur Finanzierung anderer Aktivitäten genutzt. In der neuen Studie „Schnitzel für 14,88 Euro. Die Einnahmequellen von Rechtsextremisten in Deutschland“ beschäftigt sich das LfV BW nun ausführlich mit der Finanzierung des Rechtsextremismus.

Rechtsextremistische Festivals, Konzerte und Liederabende erfüllen für die Szene verschiedene Funktionen: Sie dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern helfen auch, die eigenen politischen Botschaften zu verkünden, sich auszutauschen und zu vernetzen. Nicht zuletzt können Rechtsextremisten mit Musikveranstaltungen Geld verdienen, beispielsweise durch Einnahmen aus dem Ticketverkauf sowie dem Verkauf von CDs und anderen Produkten. 

Bei der Veranstaltung von Konzerten fallen jedoch auch Kosten an: Falls es sich nicht um eigene Immobilien handelt, müssen Saalmiete und gegebenenfalls Ordner bezahlt werden. Möglicherweise sind zudem Kosten für die eingesetzte Bühnentechnik aufzuwenden und – im Falle öffentlich angekündigter Veranstaltungen – GEMA-Gebühren sowie Steuern zu zahlen. Auch die Band erhält in der Regel ein Honorar und gegebenenfalls Kost und Logis. Insbesondere kleinere Konzerte und Liederabende dürften deshalb nur sehr begrenzt finanzielle Gewinne generieren, die an anderer Stelle zurück in die Szene fließen. 

Verbote von Musikveranstaltungen verhindern Einnahmen

Werden Musikveranstaltungen verboten, wie zuletzt zweimal in Baden-Württemberg der Fall, verliert die rechtsextremistische Szene eine potenzielle Einnahmequelle. Mitte Juli 2024 verhinderten die Behörden ein rechtsextremistisches Konzert in Freudenstadt (Landkreis Freudenstadt). Dort waren unter dem Motto „Abschiebehauptmeisterparty“ Auftritte der Rapper „Kavalier“ und „Proto“ des Musikprojekts „Neuer Deutscher Standard“ (NDS) geplant gewesen. Wenige Tage später schritten die Behörden dann in Bopfingen (Landkreis Ostalbkreis) ein, wo ein Konzert der einschlägigen Band „Kategorie C“ und des Liedermachers „Heureka“ geplant war. Während Einnahmen durch Eintritt und Verkäufe vor Ort wegfielen, dürften den Veranstaltern dennoch Kosten entstanden sein, weshalb statt eines Gewinns oder zumindest einer kostendeckenden Durchführung sogar mit Verlusten gerechnet werden kann.

Werbebild für das Konzert in Freudenstadt
Am 13. Juli 2024 sollte in Freudenstadt ein Konzert der Rapper „Kavalier“ und „Proto“ stattfinden. Es wurde von der Polizei verboten. Das Bild wirbt für diese Veranstaltung.

Schnitzel für 14,88 Euro – die Gastronomie als Einnahmequelle 

Neben Musikveranstaltungen, die insbesondere im Falle eines Verbots Schlagzeilen machen, bieten gastronomische Unternehmungen einzelnen Rechtsextremisten eine interessante Einnahmequelle. Diese nutzt beispielsweise der thüringische Neonazi Tommy FRENCK, der wegen seines gastronomischen Betriebes bundesweite Bekanntheit erlangt hat. In Kloster Veßra betrieb er bis vor Kurzem die Gaststätte „Goldener Löwe“, die den Mittelpunkt seiner unternehmerischen Tätigkeiten bildete und Rechtsextremisten einen Raum für die Kontakt- sowie Netzwerkpflege bot.

2015 öffnete das Gasthaus am 20. April, also an Adolf Hitlers Geburtstag, seine Türen. In den folgenden Jahren wurde im „Goldenen Löwen“ bis einschließlich 2023 am 20. April mit Gerichten für 8,88 Euro Geburtstag gefeiert. Am 20. April 2019 waren Schnitzel für diesen Preis zu haben, vier Jahre später Eiernockerln – der Preis für Schnitzelgerichte belief sich nun auf 14,88 Euro. Im Jahr 2024 bot FRENCK an Christi Himmelfahrt (in seinem Wortlaut: „Männertag“) Alkohol und Bratwurst ab 88 Cent an.

Werbung für den
Werbung für den am 9. Mai 2024 im „Gasthaus Goldener Löwe“ des thüringischen Neonazis Tommy FRENCK stattfindenden „Männertag“. Der Preis von 88 Cent dürfte bewusst gewählt worden sein – als Code für „Heil Hitler“, denn das „H“ ist der achte Buchstabe im Alphabet.

All diese Preise dürften mit Bedacht gewählt worden sein, spielen sie doch auf die Zeit des Nationalsozialismus und die im Rechtsextremismus vertretene Ideologie von der angeblichen Überlegenheit der „weißen Rasse“ an: Während die beiden Zahlen 88 für „Heil Hitler“ stehen – „H“ ist der achte Buchstabe im Alphabet –, ist die Zahlenkombination 1488 die Verknüpfung der rechtsextremistischen „14 Words“[1] mit dem Code für den Hitlergruß oder auch mit den „88 Precepts“ („88 Grundsätze“) des amerikanischen Neonazis David Eden Lane[2]. Außerdem kann der Preis von 14,88 Euro für Buchstaben des Alphabets stehen: ADHH – „Auf Deutschland Heil Hitler“.

Nach fast zehn Jahren hatte FRENCKs Wirken im „Goldenen Löwen“ dann ein Ende. Er schloss sein Lokal Anfang September 2024 infolge einer mehrjährigen juristischen Auseinandersetzung mit der Gemeinde Kloster Veßra um das Vorkaufsrecht. Damit fiel nicht nur eine vermutlich recht profitable Einnahmequelle weg, sondern auch ein Ort für Treffen und Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene.

Doch bereits Anfang Juli 2024 hatte FRENCK in einem TikTok-Video angekündigt, dass auf den „Goldenen Löwen“ „was Neueres, Besseres, Größeres“ folgen würde. Und tatsächlich eröffnete er nur zwei Monate später das „Gasthaus Eiserner Löwe“ im thüringischen Auengrund-Brattendorf.

Handlungsmöglichkeiten

Die Einnahmequellen von Rechtsextremisten sind äußerst vielfältig. Doch egal ob Konzerte oder Gastronomie, Tattoo-Studios, Verlagstätigkeiten oder Erbschaften – der Staat, darunter der Verfassungsschutz, hat durchaus Möglichkeiten, die Finanzierungsaktivitäten einzuschränken oder gänzlich trockenzulegen. Eine wichtige Rolle fällt auch den Medien und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu: Sie können über die monetäre Dimension des Rechtsextremismus aufklären und dafür sensibilisieren.

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In der neuen Studie „Schnitzel für 14,88 Euro. Die Einnahmequellen von Rechtsextremisten in Deutschland“ beschäftigt sich das LfV BW ausführlich mit der Finanzierung des Rechtsextremismus. Sie ist hier als PDF-Dokument abrufbar.

Die aktuelle Pressemitteilung des LfV zur Veröffentlichung der Studie finden Sie hier


[1] Diese lauten: „We must secure the existence of our people and a future for white children.“ („Wir müssen den Fortbestand unseres Volkes und eine Zukunft für die weißen Kinder sichern.“)

[2] Lane entwickelte die „14 Words“ zu den „88 Precepts“ weiter. Diese stellen eine Art Anleitung dar, wie die „weiße Rasse“ ihr Überleben sicherstellen könnte.

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